Für das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg (LMO) habe ich zusammen mit dem tschechischen Ethnologen Vladimír J. Horák als Kunstwerk des Monats Juli 2002 eine spätgotische Standfigur der Anna Selbdritt bearbeitet.
Der Bildtypus der Anna Selbdritt birgt eine reiche Symbolik in sich, der auch uns heutige Betrachter noch anzusprechen vermag:
Als reife Frau mit der jugendlichen Maria und dem Jesuskind verkörpert Anna den ewigen Kreislauf der Natur, der sich durch die Generationen hindurch immer wieder erneuert. Anna Selbdritt ist ein Sinnbild für die Entwicklung, Kontinuität und Weitergabe des Lebens.
Die drei Personen umfassen den gesamten Lebenszyklus von Jugend über Reife bis hin zum Alter. Sie beinhalten das Gewesene, das Jetzige und das noch Kommende. In ihnen ist Wandel und Erneuerung angelegt.
Die Vorstellung liegt nah, das Selbdrittmotiv in Bezug zur großen Muttergöttin vorchristlicher Religionen zu sehen, die alle Lebensphasen in sich selbst, in einer Person, verkörperte. Die große Göttinwar eine Einheit in allen ihren drei Aspekten …
sie war Liebes- und Kriegsgöttin, Beschützerin der Geburten und Todesgöttin zugleich.